„Die Lore-Ley“ – Heinrich Heine (1824)
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Daß ich so traurig bin; Ein Mährchen aus alten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn. Die Luft ist kühl und es dunkelt, Und ruhig fließt der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein. Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar; Ihr gold’nes Geschmeide blitzet, Sie kämmt ihr gold’nes Haar. Sie kämmt es mit gold’nem Kamme, Und singt ein Lied dabei; Das hat eine wundersame, Gewaltige Melodei. Den Schiffer im kleinen Schiffe Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Höh’. Ich glaube, die Wellen verschlingen Am Ende Schiffer und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Lore-Ley gethan.
Originaltext gemeinfrei. Übersetzungen unten sind sinngemäße Nachdichtungen.